
Gut besuchte Delegiertenversammlung der Kreishandwerkerschft Westfalen-Süd im Hause der Sparkasse Siegen
Siegen. Der Tannenbaum steht auf dem Kopf, im Siegerland deutlicher noch als im Kreis Olpe. Das ist, vereinfacht gesagt, die Situation bei der demografischen Entwicklung: Es wird immer mehr alte Menschen geben. In den nächsten 20 Jahren rechnen Experten für Siegen-Wittgenstein zudem mit einem Rückgang der Bevölkerung um über 13 Prozent. Was das für den Arbeitsmarkt bedeutet, fasste Sparkassenvorstand Harald Peter bei der gut besuchten Delegiertenversammlung der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd im Hause der Sparkasse Siegen so zusammen: „Das Szenario können wir nicht schönreden - dennoch die heimische Unternehmerschaft muss darauf vorbereitet sein“.
Die Sparkasse Siegen habe bereits vor einigen Jahren damit begonnen, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, denn für das Geldinstitut sind die Auswirkungen von entscheidender Bedeutung: „Wir sind der größte Investor der Region.“ Grundlage für die Beurteilungen ist das Projekt „Demosim“, bei dem die Sparkasse Siegen und die „Statmath GmbH“ seit 2010 zusammenarbeiten. Ziel war zunächst die Erarbeitung einer Simulation, die die Effekte des demografischen Wandels auf das Kundengeschäft verdeutlicht. Daraus entwickelte sich ein Angebot für die gesamte Sparkassen-Organisation; inzwischen arbeitet die Statmath GmbH mit 80 Sparkassen zusammen, wurde das Programm um die Themen Arbeitsmarkt, Gesundheit, Pflege und Bildung erweitert. Bei der Delegiertenversammlung der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd unterstützten Patrick Hufschmidt und Jean Zimmermann von Statmath den Sparkassenvorstand beim Vortrag. Bei den Handwerkern stieß der Vortrag auf reges Interesse, denn auch die rund 1600 Innungsfachbetriebe in der Region sind direkt von der Entwicklung betroffen. |
 Kreishandwerksmeister Elmar Moll eröffnete die gut besuchte Delegiertenversammlung im Hause der Sparkasse Siegen
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Die Verluste bei der Bevölkerungsentwicklung seien „unumkehrbar“, erklärte Harald Peter: „Das ist nur noch durch Zuzug veränderbar.“ Allerdings habe der Kreis Siegen-Wittgenstein einen durchweg negativen Wanderungssaldo. „Dramatisch“ sei zudem die Verschiebung der Altersstruktur. 104000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gibt es zurzeit im Kreis Siegen-Wittgenstein; für das Jahr 2033 errechneten die Statmath-Experten nur noch 84520. Harald Peter: „20000 Menschen weniger, die hier ihre Arbeit tun werden – das zeigt, wie drastisch der Wettbewerb sein wird.“ Die Auswirkungen werden natürlich nicht erst in knapp 20 Jahren spürbar sein; bereits in drei Jahren werden die Abgänge aus dem Arbeitsmarkt die Zugänge überwiegen. Im Kreis Olpe sei die Situation bei weitem nicht so dramatisch, weil die Bevölkerung dort im Durchschnitt noch jünger ist.
Für das Handwerk bedeuten die Prognosen, bereits jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um weiterhin qualifizierte Auszubildende und Berufsanfänger zu erhalten. Kreishandwerksmeister Elmar Moll, der bereits in seinen einleitenden Worten den Fachkräftemangel als die größte Herausforderung überhaupt bezeichnet hatte, wies auch auf die Notwendigkeit hin, dass sich junge Menschen künftig nicht mehr vorwiegend einen Universitätsabschluss als Bildungsziel setzen: „Wir brauchen nicht nur Häuptlinge, wir brauchen auch Indianer.“ Zumal für manche Studiengänge die Berufsaussichten nicht besonders rosig sind: „Da haben wir dann die promovierten Taxifahrer.“ Die Probleme entstehen, so Moll, oft bereits im Elternhaus: „Weil manche Eltern meinen, sie müssten ihre Kinder Zum Abitur zwingen.“ Das Handwerk müsse sich und seine vielfältigen Möglichkeiten künftig noch besser präsentieren. „Und das kostet auch Geld“, legte er den Delegierten der einzelnen Innungen ans Herz.
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Die Delegierten erörterten in der Folge, gemeinsam mit dem PR- und Marketingberater Guido Müller,(PSV Marketing GmbH, Siegen) Möglichkeiten und Projekte, jungen Menschen den Gedanken nahezubringen, dass Handwerk nach wie vor „goldenen Boden“ und hervorragende Aufstiegschancen hat. In den nächsten Wochen sollen die Vorschläge in den Innungen diskutiert werden. Dabei gehe es, so Guido Müller, nicht um Werbung im klassischen Sinne, sondern um eine nachhaltige Form der Information durch direkte Ansprache der Jugendlichen: „Wir sollten uns nicht verstellen und auf jung machen, sondern authentisch sein.“ |

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Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Jürgen Haßler, betonte, dass die Innungen der Region bei diesen Maßnahmen an einem Strang ziehen müssen. Die Aussichten seien, trotz erheblicher Etats der um die Auszubildenden konkurrierenden Industrie, für das Handwerk nicht schlecht: „Denn wir haben etwas vorzuweisen, wir können jungen Menschen etwas zeigen,“ so Haßler, anknüpfend an den Slogan der aktuelle Marketingkampagne des Deutschen Handwerks „Wir sind Handwerker, wir können das!“
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 Harald Peter, Vorstand Sparkasse Siegen referierte über das Thema „Herausforderungen und Chancen des demografischen Wandels“
 Blick in das Auditorium der Delegiertenversammlung Westfalen-Süd.
Text und Fotos: Klaus Peter Eilert, Mediaservice Südwestfalen
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